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Brexit: Der Insel laufen die Fachkräfte weg

Der Brexit wirft seine ersten dunklen Schatten auf den britischen Arbeitsmarkt: Landesweit sinkt die Zahl freier Stellen, rund ein Viertel der Unternehmen wollen vorläufig keine neuen Mitarbeiter einstellen, fünf Prozent überlegen konkrete Streichungen. Hochqualifizierte Mitarbeiter sorgen sich angesichts der befürchteten Isolation der Insel um ihre Karriere. Konkret erwägen bereits 600.000 britische Fachkräfte ihre berufliche Laufbahn außerhalb des Königreichs fortzusetzen. Nach Angaben des Online-Jobbörsen-Portals Stepstone gehört Deutschland zu den Favoriten bei der Suche nach einem neuen Arbeitsort. Der Brexit könnte so dazu beitragen, den Fachkräftemangel in Deutschland zu beheben und den Standort zu stärken.

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Stepstone berichtet in seiner Untersuchung nicht nur vom möglichen Exodus der Fachkräfte, sondern auch von der generellen Unsicherheit britischer Arbeitnehmer: Fast die Hälfte befürchtet negative Auswirkungen des Brexit auf die Wirtschaftsleistung des Landes und damit auf die Erfolgsaussichten britischer Unternehmen. 41 Prozent sorgen sich um Zukunftschancen und Gehalt. Die Unklarheit darüber, ob die Europäische Arbeitnehmerfreizügigkeit in Großbritannien weiter gilt, befördert die Abwanderungsneigung außerdem. Die neue Premierministerin Theresa May hatte sich für eine Einschränkung ausgesprochen. Und damit einen direkten Kollisionskurs mit der EU eingeschlagen, die britischen Firmen nur dann einen vollwertigen Zugang zum Binnenmarkt erlauben will, wenn Europäer in Großbritannien weiterhin ungehindert leben und arbeiten können. Verliert das Königreich den Binnenmarkt-Zugang, wäre eine weitere Arbeitnehmerabwanderung wahrscheinlich.

Der überraschend zum Außenminister ernannte, ehemalige Brexit-Anführer Boris Johnson, hat in seiner ersten öffentlichen Stellungnahme im Amt dagegen eine diffuse Europa-Affinität kundgetan . Der Brexit müsse als Volksentscheid akzeptiert und umgesetzt werden, gleichzeitig will der Rhetoriker aber einen großen Unterschied zwischen einem Austritt aus der EU und einer partnerschaftlichen Verbundenheit zu Europa ausgemacht haben. Johnson sprach gar von einer Intensivierung der Beziehungen. Konkrete Punkte benannte er nicht.

Indes häufen sich die offiziellen Anfragen bei den Relocation Agencies und den Maklern, um mögliche Umsiedlungen zu prüfen. Und auch die Liste bei den Maklern wird immer länger. Bei der Schweizer Großbank UBS steht laut Insidern offensichtlich der Beschluss an, das Wealth-Management der Bank in Frankfurt zu bündeln. Wie die „Neue Zürcher Zeitung“ unter Berufung auf mit dem Projekt vertrauten Personen berichtete, sei die Entscheidung zugunsten der Main-Metropole gefallen. Jetzt stünde nur noch der offizielle Beschluss der Konzernleitung aus. Damit setzt sich der Domino-Effekt fort [wir berichteten].

Um das bestmögliche aus dem Brexit rauszuholen, wurden in sämtlichen Metropolen inzwischen auch Brexit-Arbeitsgruppen eingerichtet. Die hessische Gruppe der Landesregierung hat inzwischen ihre Auftaktsitzung gehabt. „Ran an die Arbeit: Den Brexit hat keiner von uns gewollt. Wir wollen jetzt aber gemeinsam das Beste für Hessen und den Finanzplatz Frankfurt herausholen„, sagten Hessens Finanzminister Dr. Thomas Schäfer, Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir und die Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich am Freitag in Wiesbaden. Sie leiten die Gruppe gemeinsam, in denen die Lage Hessens und des Finanzplatzes Frankfurt nach dem Brexit analysiert und Handlungsempfehlungen für die notwendigen Konsequenzen erarbeitet werden sollen.

Die Ministerin für Bundes- und Europaangelegenheiten Lucia Puttrich: “Die Regierungsbildung in Großbritannien zeigt, dass die Zeichen auf Brexit stehen und die Landesregierung bereitet sich darauf vor. Am Montag haben wir wichtige Partner zum Finanzkabinett eingeladen und haben uns bereits gestern zu einem ersten Arbeitstreffen getroffen und weitere Schritte vereinbart. Außerdem hat die Landesregierung direkt im Bereich der Bundes- und Europaangelegenheiten eine Stabsstelle Brexit eingerichtet, die ab sofort Strategien entwickeln und Maßnahmen bündeln wird. Dabei werden auch weiche Standortfaktoren sowie die Bedürfnisse unserer Partner Berücksichtigung finden. Ich werde in meiner Funktion als Bundes- und Europaministerin die Interessen Hessens nach Brüssel und Berlin transportieren und mich gemeinsam mit unseren Partnern dort für den Standort Hessen einsetzen.„

„Für Frankfurt als Banken- und Finanzzentrum innerhalb der Europäischen Union ist der Brexit und die damit verbundenen langen Zeiten rechtlicher Unsicherheit eine passgenaue Steilvorlage: es gilt nun alle Voraussetzungen für eine starke Schnittstelle London-Frankfurt aufzubauen. Es müssen daher die Voraussetzungen geschaffen werden, dass internationale Banken und Vermögensverwalter ihren nun dringend benötigten EU-Pass gerade am Standort Frankfurt erwerben wollen. Eine besondere Stärke Frankfurts ergibt sich aus der wachsenden Bedeutung von Regulierungsfragen und Aufsichtsaufgaben für die Finanzmärkte. Hier gibt es enorme Agglomerationsvorteile, die Frankfurt mit kluger Ansiedlungspolitik nutzen kann“, so Prof. Dr. Jan Pieter Krahnen, House of Finance der Frankfurter Goethe-Universität.