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Renaissance der ostdeutschen Innenstädte

Die in den Goldgräberzeiten der Nachwendeeuphorie in den Rand- und Außenstadtlagen der ostdeutschen Städte entstandenen Einzelhandelsflächen haben den wenigen gewachsenen Handelsstrukturen in den Innenstädten mehr als ein Jahrzehnt lang einen Konkurrenzkampf geliefert, der nach Ansicht der meisten Experten nicht zu gewinnen war. Zu überdimensioniert waren in der Regel die Center und zu enttäuschend entwickelten sich die meisten ostdeutschen Regionen in wirtschaftlicher Hinsicht. Nun aber, so das Ergebnis einer Untersuchung des Makler- und Beratungsunternehmens Comfort, ist Licht am Horizont zu erkennen. Viele Kunden, so Alexander Folz, hätten mittlerweile den Weg in die attraktiven Innenstadtlagen zurück gefunden und den zumeist architektonisch unattraktiven Centern auf der grünen Wiese den Rücken gekehrt. Jetzt, so Folz weiter, verlagerten sich die Probleme in die schnell und ohne ein nachhaltig erfolgreiches Konzept entwickelten Center, die mit teilweise massiven Leerständen und erheblichem Mietpreisdruck zu kämpfen hätten

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Gesamtdeutschland, erklärt Folz, weise bei der Pro-Kopf-Versorgung der Bevölkerung mit Einkaufszentren bekanntermaßen eine Schieflage auf. Im Osten gebe es bei deutlich unter dem Bundesdurchschnitt liegender Kaufkraft schlicht eine Überversorgung mit Centerverkaufsflächen. Deswegen sei es zu begrüßen, dass der Center-Boom in den ostdeutschen Ländern mittlerweile der Vergangenheit angehöre. Neue Einkaufszentren entstehen nach den Angaben von Alexander Folz heute fast ausschließlich in integrierten Innenstadtlagen. Zu den bekanntesten Beispielen der jüngeren Vergangenheit zählt das Kröpeliner Tor Center in Rostock (Tenkhoff / 14.500 m² Verkaufsfläche), das Alexa am Alexanderplatz in Berlin (Sonae / 43.000 m² Verkaufsfläche), die Centrum-Galerie in Dresden (MDC / 52.000 m² Verkaufsfläche) sowie die Brühl-Arkaden in Leipzig (mfi, 27.500 m² Verkaufsfläche).Die beiden letzt genannten Center befinden sich noch in der Bauphase.

Glücklicherweise sei - entgegen einigen düsteren Prognosen – einer ganzen Reihe ost-deutscher Innenstädten mit überregionaler Bedeutung als Einzelhandelsstandort, die Verödung durch Projektentwicklungen in Rand- und Außenstadtlagen erspart geblieben. Hinzu kommt, sagt Folz, dass viele dieser Städte auch von gravierenden Kriegszerstörungen weitestgehend verschont geblieben sind und ein entsprechend attraktives Gesamtbild aufweisen können.

Auch die Klärung grundstücksrechtlicher Fragen, die Investitionen teilweise lange verhindert hatten, hat diese Entwicklung unterstützt. Schlussendlich, so Folz, ziehe die Anwesenheit attraktiver Filialisten an einem Standort die Nachfrage weiterer Filialisten nach sich. Dies gelte insbesondere für die Städte Rostock, Erfurt, Halle an der Saale und Potsdam. Wenngleich in weiten Teilen vom Krieg in Mitleidenschaft gezogen, sei in diesem Zusammenhang auch Leipzig zu nennen, da die historische Bebauung und die Stadtstruktur gefördert durch eine geordnete Stadtbaupolitik seitens der Ämter weitgehend erhalten blieben. Heute sei auch dank zahlreicher innerstädtischer Großbauvorhaben in Leipzig die signifikanteste Stärkung einer City-Lage in Ostdeutschland zu verzeichnen.

Mit der Fertigstellung des neuen Karstadt-Hauses, der Galeria Kaufhof und des Kaufhauses Breuninger ist Leipzig zur ersten Adresse im Ranking der ostdeutschen Einkaufsstädte aufgestiegen. Dies mache sich vor allen Dingen bei der Nachfrage nach Einzelhandels-flächen und den erzielbaren Mietpreisen bemerkbar, erklärt Folz. Hier liege Leipzig mit einer monatlichen Quadratmetermetermiete von 105 Euro/m² in 2007 mittlerweile vor Dresden, wo durchschnittlich 100 Euro/m² für vergleichbare Ladenlokale (Ladenlokale mit etwa 80-120 m² reiner EG-Verkaufsfläche und mindestens sechs Meter Schaufensterfront) erzielt werden.

Auch Zwickau mit der Inneren Plauenschen Straße, Eisenach mit der Karlstraße und Weimar mit der Schillerstraße und Wielandstraße verfügen nach der umfassenden Modernisierung nahezu des gesamten Geschäftshausbestandes über außerordentlich attraktive Innenstädte, wie Folz berichtet. Standorte, die größere Kriegszerstörungen zu verzeichnen hatten, wie Dresden oder Magdeburg, seien im Vergleich zu den vorgenannten Standorten was ihre Attraktivität im innerstädtischen Einzelhandel angeht noch etwas im Hintertreffen, da Stadtreparaturmaßnahmen noch nicht vollständig abgeschlossen werden konnten. Das gelte für Dresden insbesondere angesichts des riesigen Entwicklungsprojektes “Centrum Galerie“ und der seit vielen Jahren bestehenden Baubrache am Wiener Platz. Aber auch in Magdeburg warte das Projekt „Blauer Bock“ am Breiten Weg / Ernst-Reuter-Allee schon seit vielen Jahren auf den Startschuss der Bauarbeiten. Immerhin sei aber hier mit dem sogenannten „Marietta-Quartier“ ein wichtiges Bauvorhaben mit 10.000 m² Verkaufsflächen an der Ostseite des Breiter Weg fertig gestellt worden. Jena hat mit dem vollständigen Neubau des Löbdergrabens eine neue 1A-Lage erhalten, die heute die traditionellen Einkaufslagen Holzgraben und Markt verbindet.

Die Investitionsbereitschaft zahlreicher örtlicher und überregionaler Investoren in die ost-deutschen Innenstädte lässt sich nach Angaben von Alexander Folz aber auch eindrucksvoll an Standorten wie Stralsund, Görlitz, Stendal, Wernigerode oder Halberstadt ablesen. „Das Nachfragevolumen nach Einzelhandelsflächen ist am Standort Stralsund derzeit signifikant größer als beispielsweise in Schwerin, wo ein völlig überdimensioniertes Einkaufszentrum in innerstädtischer Lage die Nachfrage nach Flächen in der Fußgängerzone lange Zeit zum Erliegen gebracht hat.“ sagt Folz. Mit der bevorstehenden Bebauung des Rathausplatzes in Stralsund werde die letzte innerstädtische Brache in der 1A-Lage Ossenreyerstraße geschlossen, so dass sich die Altstadt für den Kunden in naher Zukunft als eine geschlossene Handelslage mit viel Charme präsentieren wird.

Auch die City in Halberstadt ist nach den umfangreichen Kriegszerstörungen nach histori-schem Maß vollständig neu entstanden. Dabei, so Folz, sei es gelungen, den traditionellen Handelsplatz rund um den Markt mit attraktiven Geschäften, Kaufhäusern und einem Einkaufzentrum aufzuwerten. Städte wie Stendal und auch Mühlhausen in Thüringen, die neben ihrem besonderen Einkaufsflair auch über eine hohe Zentralität verfügen, ziehen zahlreiche Kunden aus dem weiten Umland an und verzeichnen eine hohe Flächennachfrage, die sich in tendenziell steigenden Mieten niederschlägt. Als Beispiele für diese Entwicklung nennt Folz vor allen Dingen Rostock und Potsdam. Während im Jahr 1999 in diesen Städten nur 51 bzw. 36 Euro/m² monatlich für kleinere Ladenlokale bezahlt werden mussten, würden hier heute nach Comfort-Beobachtungen Mietpreise von 80 Euro/m² in Rostock und 70 Euro/m² in Potsdam erzielt – mit steigender Tendenz

Auch die Entwicklung der Kaufpreisfaktoren konnte Comfort-Erhebungen zufolge mit der Dynamik der Mietpreise mithalten. Während im Jahr 1999 in Leipzig und Dresden Geschäftshäuser zu Faktoren zwischen 13,0 und 15,0 verkauft wurden, gelten heute Faktoren zwischen dem 17 bis 19fachen der Jahresmiete als realistisch. Für so genannte Landmarks gehen die Faktoren sogar noch weit darüber hinaus. Gewinner bei dieser Entwicklung ist vor allen Dingen Erfurt, wo 2007 die Flächennachfrage durch namhafte Filialisten das Angebot deutlich übersteigt und Investitionen zum 18-19fachen der Jahresnettomiete getätigt wurden.

Insgesamt, resümiert Folz, hätten sich die Innenstädte Ostdeutschlands also für den Einzelhandel beachtlich gut entwickelt. Dabei dürften aber die noch immer zu beobachtenden teilweise gravierenden Fehlentwicklungen, wie beispielsweise der Bau eines Einkaufszentrums der ECE in Schwedt an der Oder, nicht unter den Tisch gekehrt werden. Noch immer werde an einigen Standorten der Versuch unternommen, die innerstädtische Einzelhandelslage durch ein Center praktisch zu ersetzen. Das Zentrum in Eisenhüttenstadt sei ein weiteres Beispiel dafür, wie ein absolut dominierendes Einkaufszentrum in nicht integrierter Lage (in diesem Fall ein Fachmarktzentrum der Metro) die Entwicklung der Innenstadt behindere.

Dennoch könne man als Fazit konstatieren, dass es in den meisten ostdeutschen Einkaufsstädten in den letzten Jahren gelungen sei, durch richtungsweisende politische Weichenstellungen und hohen Investitionsaufwand attraktive Innenstädte zu schaffen, die zahlreiche regionale und überregionale Handelsbetriebe und zufriedene Kunden anziehen. Eigentümer von Geschäftsflächen an Standorten wie Dresden, Leipzig, Erfurt, Potsdam, Rostock, aber auch Mittelzentren wie Stralsund, Stendal, Weimar, Eisenach, Jena, Zwickau oder Mühlhausen/Thüringen dürften daher auch künftig tendenziell mit Wertsteigerungen ihrer Immobilien rechnen. Häufig unterschätzte Standorte wie Chemnitz oder Halle an der Saale befänden sich derzeit im Aufwind, wenn es um Investitions- und Ansiedlungsentscheidungen gehe. Hier sei das Wertsteigerungspotenzial auf Grund der moderaten aber kontinuierlichen Zuwächse in der Vergangenheit und im Hinblick auf die guten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen besonders hoch. Einen Einstieg an diesen Standorten hält Folz mittlerweile für kaum risikoreicher als an vergleichbaren Standorten in Westdeutschland.